Einsamkeit: Die gesellschaftliche Pandemie
Einsamkeit ist ein immer größeres Problem. Wir werfen einen Blick auf diese gesellschaftliche Pandemie, die im Stillen abläuft.
Einsamkeit ist eine weit verbreitete Herausforderung in unserer modernen Gesellschaft. Trotz der Möglichkeit zu Reisen und der Vernetzung durch soziale Medien und technologischen Fortschritt fühlen sich viele Menschen zunehmend isoliert. Einsamkeit ist ein gesundheitliches Risiko, das sich sowohl auf das körperliche und geistige Wohlbefinden auswirkt. Der amerikanische Gesundheitsexperte Dr. Vivek Murthy geht davon aus, dass Einsamkeit die gleiche Schädlichkeit aufweist wie das Rauchen von 15 Zigaretten pro Tag. Die Caritas geht in Österreich von rund 570.000 Personen aus, die von Einsamkeit betroffen sind. Es ist an der Zeit, dieses Phänomen genau zu beleuchten.
Was ist Einsamkeit?
Viele Menschen verwechselt Einsamkeit mit alleine sein. Doch es ist nicht das Gleiche. Man kann sich auch in einer Menschenmenge Einsam fühlen oder sich wohl fühlen, obwohl man alleine ist. Einsamkeit ist eher ein mentaler Zustand, der auf einer Unzufriedenheit mit den sozialen Beziehungen beruht. Es handelt sich also um ein Ungleichgewicht zwischen den gewünschten und den realen sozialen Interaktionen.
Einsamkeit ist das Gefühl von anderen getrennt zu sein, obwohl sie sich neben einem befinden.
Was sind die Ursachen?
Manche Experten sehen die Ursachen in den gesellschaftlichen Bewegungen der 1960er und 1970er Jahre. Diese waren davon geprägt, sich mehr auf nationale als auf lokale Probleme zu fokussieren. Dadurch stieg das Gefühl der Ohnmacht und die Bedeutung der lokalen Community nahm stärker ab. Ab dem Moment stand die individuelle Gestaltung des Lebens im Vordergrund. Seit den 200er Jahren konnte man eine weitere starke Abnahme von sozialen Interaktionen beobachten. Das zunehmende Home Office in Zeiten der Corona-Pandemie hat diesen Trend noch weiter verstärkt. Der Mensch muss sich als Teil einer Gruppe fühlen. Doch in unserer Gesellschaft wird das zunehmend schwerer. Der Autor und Journalist Johann Hari behauptet in seinem Buch Lost Connections, das Depressionen vor allem soziale Ursachen haben.
Die Betroffenen
Man könnte davon ausgehen, dass vor allem ältere Menschen von Einsamkeit betroffen sind. Doch sie werden immer häufiger von jüngeren Personen abgelöst. Wenn man auf YouTube nach Ich habe keine Freunde bzw. I have no friends sucht, findet man viele Videos mit tausenden bis hin zu Millionen Aufrufen. Das Thema hat also gesellschaftliche Relevanz. In Japan gibt es einen traurigen Trend. Etwa 1.5 Millionen junge Menschen gehen für Monate oder teilweise sogar Jahre nicht aus dem eigenen Zimmer. Sie gehen kaum aus der Wohnung, außer in Ausnahmefällen zum Essen oder für wichtige Erledigungen. Der Alltag spielt sich hauptsächlich am Computer ab. Ein soziales Leben ist nicht mehr vorhanden. Das nimmt zum Teil bizarre Formen an: Man kann sich zeitlich befristet Gesellschaft mieten.
Einsamkeit als Geschäftsmodell
Die Influencerin Caryn Marjorie hat die Einsamkeit der Menschen zum Geschäftsmodell gemacht. Sie hat von sich einen Sprach-Chatbot erschaffen. User können nun mit ihrem virtuellen Avatar kommunizieren. Kostenpunkt: 1 Dollar pro Minute. Rund 20.000 Menschen haben nun die Illusion, mit ihr befreundet bzw. in einer Beziehung zu sein. Sie verdient mit diesem Service rund 5 Millionen Dollar pro Monat. Social Media Plattformen wie Meta experimentieren mit virtuellen Avataren von Prominenten oder sogar verstorbenen Verwandten. Wohin das führen wird bleibt abzuwarten. Ein erster Schritt in Richtung Unsterblichkeit?
Was kann man tun?
Im Jahr 2018 hat das Vereinigte Königreich einen Minister für Einsamkeit bestellt. Andere Länder beraten über ähnliche Maßnahmen. Neben Regierungen spielen auch lokale Initiativen eine wichtige Rolle. Ein weiterer Schritt ist ein einfacherer Zugang zu mentalen Gesundheitsleistungen und Ausbildung sowie die Sensibilisierung der Gesellschaft und leistbarer Wohnraum. Gerade der letzte Aspekt spielt für das soziale Umfeld eine wichtige Rolle. Das sollte auch bei der Stadtplanung berücksichtigt werden. In Barcelona gibt es speziell geschaffene Plätze, um die Interaktion innerhalb der Bevölkerung zu fördern. Sie sind auch als Dritter Platz (Third Place) bekannt. Als Erster Platz (First Place) bezeichnet man die Arbeit und als Zweiten Platz (Second Place) das Zuhause. Dieser gesellschaftliche Platz wurde früher von Kirchen eingenommen. Diese verlieren jedoch an Bedeutung.
Neben der Schaffung von Plätzen für Freizeitaktivitäten gibt es weitere Maßnahmen. In Österreich bietet die Caritas das sogenannte Plaudernetz an, eine Hotline an die man sich wenden kann und jemanden findet, der einem zuhört. Diese sechs Schritte kannst du selbst umsetzen:
1. Suche Gesellschaft oder professionelle Hilfe
2. Akzeptiere dich selbst und deine Gefühle
3. Sei dankbar für das was du hast und bist
4. Reduziere Social Media Plattformen
5. Engagiere dich im sozialen Bereich
6. Verbinde dich mit anderen Menschen
Fazit
Einsamkeit ist ein oftmals unterschätztes Thema. Es bereitet große Herausforderungen. Aber vergiss nicht: Wenn du dich einsam fühlst bist du nicht alleine. Habe aber auch ein Auge darauf, wenn sich Menschen in deinem Umwelt mehr zurückziehen. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, etwas zu tun. Wir hoffen dass dir dieser Beitrag einen ersten Anstoß dazu gibt. Wenn er dir gefallen hat, melde dich für unseren Newsletter an, um nichts mehr zu verpassen!
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