Beat the Silence: Konzerte für alle Ohren

Beat the Silence verfolgt ein ungewöhnliches Konzept: Konzerte auch für Gehörlose. Wir haben mit Gründerin Anna Blaskó gesprochen.
Worum handelt es sich bei Beat the Silence?
Beat the Silence ist eine Konzertreihe rhythmusreicher Performances, die mithilfe besonderer Features garantiert zu einem unvergesslichen Erlebnis werden: Unterstützt mit Gebärdensprache, verstärkten Vibrationen, einer induktiven Höranlage, Schriftdolmetschung und Lichtshow werden die akustischen Barrieren Hörbeeinträchtigter mit Hörimplantaten und Hörgeräten überwunden und Inklusion gelebt. Neben musikalischen Acts gibt es außerdem eine interaktive Ausstellung, die auf das Thema Gehörlosigkeit sensibilisieren soll. Im Fokus der Konzertveranstaltungen stehen dabei vor allem die Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Menschen, deren Hörfunktionen unterschiedlich ausgeprägt sind. Damit sollen die Kontaktaufnahme erleichtert und etwaige Berührungsängste aus dem Weg geräumt werden.
Mit unserer Veranstaltungsreihe öffnen wir den Zugang zu Kulturangeboten für Personen mit Cochlea-Implantaten (CI) und anderen Hörgeräten, aber auch für gehörlose Personen sowie gut hörende Menschen. Wir schaffen somit einen gemeinsamen Raum, wo Menschen unabhängig von ihrem Hörvermögen in den Genuss kommen, zusammen Musik zu erleben. Das positiv-inklusive Klima, das wir mit unseren Veranstaltungen stiften und insbesondere die zentrale Botschaft, dass sich Hörbeeinträchtigte nicht unterkriegen lassen sollen, stehen dabei für uns im Fokus. Unser Ziel ist es, diesen Menschen eine lustvolle Teilnahme am gesellschaftlichen Leben im Allgemeinen und der Musikkultur im Besonderen zu erleichtern.
Wie bist du dazu gekommen es zu starten?
Wir zwei Gründerinnen sind Kulturmanagerinnen und haben uns im Studium auf der Universität für Musik und Darstellende Kunst in Wien kennengelernt. Unsere Leidenschaft zur Musik und ein zufälliges Gespräch darüber, wie unser Leben aussehen würde, wenn wir diese nicht mehr so wahrnehmen könnten wie wir es jetzt tun, hat uns auf die Idee gebracht uns mit der Thematik der Hörminderung und Gehörlosigkeit auseinanderzusetzen. Das Eine hat das Andere ins Rollen gebracht und plötzlich standen wir mit Beat the Silence da.

Wie funktionieren die Konzerte?
Unsere Konzerte kombinieren Musik mit alternativen Wahrnehmungsmethoden und technischen Lösungen, mit denen akustische Barrieren entfernt werden. Wir arbeiten sehr viel mit Gebärdensprache, sei es an der Konzertkassa, Catering oder als Moderation auf der Bühne. Im künstlerischen Kontext nennt sich das Gebärdenpoesie, wenn gesungene Liedtexte in der Österreichischen Gebärdensprache tänzerisch wiedergegeben werden. Außerdem haben wir Live-Schriftdolmetscher vor Ort, die alles Gesprochene und die Songtexte in Schriftform wiedergeben. Zudem gibt es immer auch eine induktive Höranlage vor Ort, die insbesondere für Hörgeräte- und CI-Tragende interessant ist und das Musikhören vereinfacht. Auf der musikalischen Ebene arbeiten wir mit Beats, Percussions und Lichtshows sowie bald auch mit live generierten AI-Visuals. Wir engagieren immer auch Künstler:innen, die von einer Hörbeeinträchtigung betroffen sind.
Was waren die größten Herausforderungen?
Die ganzheitliche Herangehensweise an die akustische Barrierefreiheit. Verschiedene Hörgrade benötigen unterschiedliche Elemente, um dies zu erreichen. Für gut hörendes Publikum stellen wir Gehörschutz zur Verfügung. Die Finanzierung der Konzerte war eine der größten Hürden, da inklusive Konzerte kostspieliger sind als gängige Konzepte und zudem die Einordnung ins staatliche Fördersystem zu einer Schwierigkeit wurde. Erst ein erfolgreiches Crowdfunding hat die Steine ins Rollen gebracht. Momentan werden wir großteils von Licht ins Dunkel unterstützt. Viele Menschen und Locations sind sich nicht bewusst, dass es akustische Barrieren im Musikbereich gibt. Wir leisten hier auch einen enormen Beitrag zur Sensibilisierung und vor allem Überzeugungsarbeit, dass es sich hierbei um ein gesellschaftlich relevantes Thema handelt. Das betrifft im Übrigen auch unser hörendes Publikum. Grundsätzlich muss auch (fast) jeder Act künstlerisch adaptiert werden, um ihn an die Anforderungen von Beat the Silence anzupassen. Daher arbeiten wir nur mit Künstler:innen zusammen, die offen sind dies zu tun.
Was waren die schönsten Momente?
Wenn wir mitbekommen, wie sich Menschen mit Hörbeeinträchtigung zum ersten Mal wirklich als Teil eines musikalischen Erlebnisses fühlen und hörende Besucher:innen erkennen, dass Musik weit über das Hören hinausgeht. Die allergrößte Freude ist es aber zu sehen mit wie viel Freude unser Publikum und Künstler:innen an den Veranstaltungen teilnehmen.
Was sind die kommenden Ziele?
Wir möchten Beat the Silence weiterentwickeln und neue Formate erproben, sowie neue technologische Lösungen finden, mit denen wir die musikalische Erfahrung verbessern können. Zudem ist es uns wichtig unser Netzwerk auszubauen und ein größeres Publikum für die Events zu begeistern. Ein weiteres Vorhaben ist die Intensivierung von Kooperationen mit Bildungseinrichtungen und Kulturinstitutionen sowie die mögliche Zusammenarbeit mit der Kulturpolitik und weiteren relevanten Stakeholdern.
Wo können Interessierte mehr über euch erfahren?
Die nächsten Konzerte finden am 3. März in Wien und 10. April 2025 in St. Pölten statt. Weitere Informationen gibt es auf unserer Website sowie auf dem Instagram-Profil.
Liebe Anna, danke für die spannenden Einblicke und dein Engagement! Hat dir unser Beitrag gefallen? Melde dich für unseren Newsletter an, um informiert zu bleiben!
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