Imane Khelif: Wann ist eine Frau ein Mann?
Imane Khelif gewinnt bei den Olympischen Spielen in Paris Gold im Boxen. Doch eine Sache sorgt für mehr Schlagzeilen: Ihr Geschlecht.
Wer ist Imane Khelif?
Imane Khelif wurde am 2. Mai 1999 in Tiaret in Algerien geboren. In ihrer Jugend spielte sie Fußball, bevor sie zum Boxen wechselte. Sie verkaufte Altmetall, um sich die Anreise zum Training leisten zu können.
Frühe sportliche Karriere
Der erste große Bewerb im Boxen war die Weltmeisterschaft 2018 in Indien, wo sie nur den 17. Platz belegte. Bei der Weltmeisterschaft 2019 in Russland belegte sie sogar nur den 33. Platz. Besser lief es da schon bei den Olympischen Spielen 2020 in Tokio. Khelif war die erste Boxerin, die Algerien vertrat. Diesmal schied sie erst im Viertelfinale aus. Im Jahr 2022 stand sie bei den Boxweltmeisterschaften im Finale, 2023 wurde sie Arabische Meisterin.
Disqualifikation bei der WM 2023
Vor dem Finalkampf bei der Weltmeisterschaft 2023 wurde Khelif von der International Boxing Association (IBA) disqualifiziert. Wenige Tage zuvor hatte sie gegen eine bis dahin ungeschlagene Russin gewonnen. Dieser Umstand sorgte vor allem durch den Umstand für Aufmerksamkeit, da dem IBA-Präsidenten Umar Nasarowitsch Kremlew eine Nähe zu Wladimir Putin nachgesagt wird. Es wurde im russischen Fernsehen behauptet, die Athletin habe XY-Chromosomen. Später wurde die Disqualifikation aufgrund von zu hohen Testosteronwerten bekanntgegeben. Laut IBA wäre bei Khelif kein derartiger Test durchgeführt worden, sie habe jedoch andere anerkannte Untersuchungen nicht bestanden. Die Details wurden als vertraulich eingestuft. Khelif legte Einspruch vor dem Internationalen Sportgerichtshof (CAS) ein, zog diesen jedoch wieder zurück. Laut Medienberichten war weiterhin unklar, welche Standards nicht erfüllt wurden. Es seien keine Beweise zu XY-Chromosomen oder erhöhten Testosteronwerten veröffentlicht worden.
Olympische Spiele 2024
Da die IBA und das Olympische Komitee (IOC) seit 2019 zerstritten sind, übernimmt die Organisation die Durchführung der Wettbewerbe selbst. Das IOC verzichtet seit 1999 auf Geschlechtstests und übernimmt die Angaben aus offiziellen Dokumenten. Laut deren Aussagen erfülle Khelif die Teilnahmebedingungen.
Im ersten Kampf in der Gewichtsklasse bis 66 Kilogramm gab die Italienerin Angela Carini nach nur 46 Sekunden auf. Sie habe noch nie in ihrem Leben so harte Schläge gespürt und um ihr Leben gefürchtet. Ihr Trainer bezeichnete den Kampf als unfair. Zusätzlich Öl wurde ins Feuer gegossen, da Umar Nasarowitsch Kremlew, bekannter Weise Präsident der verfeindeten IBA, der Italienerin 100.000€ zusicherte. Die Hälfte davon ginge direkt an die Athletin, die andere Hälfte an das Trainerteam und den nationalen Verband. Dieser Betrag entspricht der Höhe, den die Olympiasiegerin erhält.
Im Laufe des Turniers dominierte die Algerierin Khelif das Geschehen und sicherte sich am 9. August die Goldmedaille unter dem Jubel vieler algerischer Fans.
Mediale Situation
Im Laufe des Turniers entfachte eine scharfe Diskussion über die Fairness im Sport. Das ist verständlich, da gerade im Boxen die körperliche Konstitution eine erhebliche Rolle spielt. Auf X sprangen viele Prominente auf den Zug auf: Von J.K. Rowling, der Autorin der Harry Potter Reihe, über Elon Musk bis hin zur italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. Unisono lautete der (ausgesprochene oder implizierte) Tenor: Es sei ein Wahnsinn, dass ein Mann gegen eine Frau boxe. Die Millionen Follower empörten sich ebenso und stellten sich in der Regel auf die Seiten der kritischen Berichte.
Ein Wunschdenken
Wie man sieht, ist die Welt selten schwarz oder weiß. Das gilt sowohl für Meinungen und manchmal sogar für Geschlechter. Dabei wäre es ganz einfach: Man muss international gültige und über aller Verbände einheitliche Regeln haben, wie mit solchen strittigen Situationen umgegangen wird. Grenzwerte und Tests sollten von einer unabhängigen Stelle durchgeführt werden und klar zeigen, ob die Richtlinien eingehalten werden. Im Zuge der Transparenz dürfen keine Ergebnisse zurückgehalten werden.
Abschließende Gedanken
Eine Person kann für die ganze Farce nichts: Imane Khelif selbst. Sie war im Laufe der Wochen enormen Anfeindungen ausgesetzt. Sie ist ein Bauernopfer. Die Situation um Imane Khelif zeigt, wie politisch der Sport geworden ist. Damit hat er sich leider sehr weit vom ursprünglichen Gedanken entfernt. Wer noch immer denkt, der Sport werde nicht instrumentalisiert, glaub wohl auch noch an den Weihnachtsmann.
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